Eigentlich habe ich bisher auf VIVA MALLORCA! fast immer nur Positives berichtet. Aber überall, wo Sonne ist, ist bekanntlich auch Schatten! Deshalb geht’s in meinem heutigen Beitrag mal etwas schattiger zu. Neugierig geworden? Dann erfahr jetzt mehr über eine der größten Touristenfallen auf Mallorca…
Es war vor genau zehn Tagen: An unserem letzten Ferientag auf Mallorca wollten wir uns noch mal was ganz Besonderes gönnen: eine Bootstour von Port de Sóller zu einer der angeblich schönsten Ausflugsziele Mallorcas, Sa Calobra. So steht es zumindest in fast allen einschlägigen Reiseführern und Mallorca-Ratgebern, die ich inzwischen besitze – und das sind, bei Gott, nicht wenige!
Gegen halb zehn brechen wir in Palma auf. Mit dem Leihwagen geht’s erst mal in Richtung Port de Sóller, von wo aus dann um 11.15 Uhr die Bootsfahrt nach Sa Calobra losgehen soll. Die täglichen Abfahrtszeiten haben wir uns vorher schon mal auf der Homepage des Anbieters Barcos Azules angesehen, genauso wie die Preise: 15 Euro soll der Spaß pro Tour und Person kosten. Für Hin- und Rückfahrt darf ein Erwachsener damit also insgesamt 30 Euro hinlegen. Das finde ich, gemessen an den Bootsausflügen, die wir bisher auf Mallorca gemacht haben, für schlappe 45 Minuten auf dem Wasser schon ganz schön happig! Na ja, jammern hilft da erfahrungsgemäß auch nicht weiter. Zum Glück fallen inzwischen keine extra Gebühren mehr für den Tunnel nach Sóller an – die Durchfahrt ist seit September letzten Jahres endlich kostenlos.
Von Port de Sóller geht’s per Schiff nach Sa Calobra
Die Anreise von Palma nach Port de Sóller dauert dann doch wesentlich länger, als wir dachten. Wie es scheint, sind heute mal wieder besonders viele Sonntagsfahrer unterwegs, die in ihrem Mietwagen von Goldcar, Sixt & Co. vor uns vor sich hin träumen. So zuckeln wir also im Schneckentempo mit gefühlten 30 km/h über die Landstraße MA-11 und erreichen unser Ziel erst kurz nach 11.00 Uhr. Aus Zeitnot steuern wir gleich das nächste kostenpflichtige Parkhaus in Hafennähe an. Das wird teuer…
Ziemlich gehetzt treffen wir zehn Minuten später am Passeig Es Través vor dem Kassenschalter von Barcos Azules ein. Jetzt müssen wir nur noch schnell die „La Calobra“-Tickets kaufen – und 60 Euro löhnen.
TIPP: Wer seine Tickets vorab online bucht, bekommt 10 Prozent Rabatt!
Das war knapp: Die Fähre liegt schon zur Abfahrt bereit an der Hafenmole. An Bord angekommen, finden wir – Glück muss der Mensch haben! – sogar noch zwei „Logenplätze“ auf dem Oberdeck. Und dann heißt’s auch schon „Leinen los!“
Der Weg ist das Ziel – traumhaft schöne Überfahrt
Die Überfahrt von Port de Sóller nach Sa Calobra entpuppt sich als echtes Highlight – unbeschreiblich diese Ausblicke. Schon allein die Fahrt aus dem Hafenbecken und der anschließende Blick zurück auf die malerische Kulisse des beschaulichen Ortes mit seiner hübschen Uferpromenade sind das Geld wert! Bei strahlendem Sonnenschein und spiegelglatter See geht es entlang der schroffen zerklüfteten Felssteilküste immer weiter in nördliche Richtung. Vor lauter Staunen und Fotoknipsen merke ich gar nicht, wie die Zeit vergeht. Das Tuten eines anderen Schiffes, das uns plötzlich entgegenkommt, holt mich zurück ins Hier und Jetzt: Wir sind schon kurz vor unserem Ziel, der Bucht von Sa Calobra!
Kaum von Bord gegangen, ist es schlagartig vorbei mit der Romantik: In dem kleinen uncharmanten nur aus 0815-Restaurants, Verkaufsbuden und Kiosken bestehenden Mini-Örtchen wimmelt es nur so von Leuten. Erst jetzt realisiere ich, dass man nicht nur per Ausflugsschiff hierher gelangen kann. Auch eine schmale serpentinenreiche Straße, auf der sich Busse und Pkws mühsam ihren Weg hinunter ins Tal bahnen, führt in das vermeintliche Paradies. Mehrere Reisebusse parken bereits oberhalb des Hafens und spucken, einer nach dem anderen, ihre Ladung aus.
Nix wie weg hier, ist mein erster Flucht-Gedanke! Ich möchte so schnell wie möglich zum „Torrent de Pareis“ in der kleinen Nachbarbucht. Wir folgen der Beschilderung. Zahlreiche geschmacklose Souvenirshops, Selbstbedienungs-Restaurants und Imbissbuden säumen unseren Weg. Ich bin inzwischen ganz schön verärgert. Warum erfahre ich in keinem Reiseführer auch nur ein Sterbenswörtchen von dieser Schattenseite des so gehypten Sa Calobra? Langsam drängt sich mir die Frage auf, ob überhaupt jemals einer der Reiseführer-Autoren leibhaftig hier gewesen ist? Ich glaub’s ehrlich gesagt nicht!
Wir nähern uns langsam, aber sicher dem ersten der zwei Fußgängertunnel, die zum Torrent de Pareis führen. An Platzangst sollte man besser nicht leiden, wenn man hier durch will: Unzählige Ausflügler quetschen sich, aus beiden Richtungen kommend, in dem engen Tunnel aneinander vorbei. Die monsterschleimgrüne Beleuchtung im Tunnelinneren sorgt für Geisterbahn-Feeling pur! Eine Frau bleibt plötzlich völlig unvermittelt vor mir stehen. Ein Schwächeanfall? Nein, sie will nur schnell eine Aufnahme von diesem wirklich knipsenswerten Tunnel machen – und ich will nur weiter!
Irgendwann erreichen wir dann doch noch die Nachbarbucht, die erstaunlicherweise gar nicht so menschenüberlaufen ist, wie ich angenommen hatte. Die Schlucht selber ist schon beeindruckend, der grobe Kiesstrand dagegen nicht!
Sa Calobra – eine Touristenfalle par excellence!
Es ist inzwischen halb eins, und mein Magen fängt an zu knurren. Bis zur Rückfahrt bleibt uns noch eine gute Stunde – genug Zeit, um irgendwo eine Kleinigkeit essen zu gehen. Bei den vielen Restaurants hier dürfte das ja wohl kein Problem sein, denke ich! Aber wie sagt man so schön: Denken ist Glückssache! Und ich hatte diesmal definitiv kein Glück mit dem Denken.
Alle sogenannten Self-Service-Restaurants, die wir auf der Suche nach etwas Essbarem betreten, haben eines gemeinsam: keine Preise! Gibt man hier vielleicht fürs Essen einfach so viel, wie es einem wert ist?, frage ich mich für einen kurzen Augenblick. Doch dann höre ich, wie die Kassiererin an der Buffet-Kasse einem Kunden den zu zahlenden Betrag nennt – und verwerfe den Gedanken schnell wieder. Wäre ja auch zu schön gewesen.
Beim Restaurant Esport, das als letztes Lokal direkt am Weg zum Hafen liegt, halt ich es nicht mehr länger aus: Ich muss jetzt endlich mal einen Happen essen! Also frage ich den jungen Mann hinterm Tresen, was der kleine mit Schinken belegte Bocadillo kostet. 6,80 Euro lautet die Antwort! Mein Mann möchte lieber ein Stück Pizza. Also frage ich nach dem Preis für das Pizza-Dreiecksstück en miniature. 5 Euro kommt, wie aus der Pistole geschossen, als Antwort. Ich muss kurz schlucken – soll das ein Witz sein? Aber der Mann hinterm Tresen sieht nicht so aus, als würde er Witze machen. Hilft ja nichts, wir haben Hunger und die Fähre fährt in 20 Minuten ab. Also lassen wir uns auf die Abzocke ein. Und weil’s so schön ist, nehmen wir gleich noch zwei kleine 0,33-l-Fläschchen San Miguel à 6 Euro dazu. Wenn schon, denn schon!
Ich glaube, in meinem nächsten Leben mache ich mich in Sa Calobra mit einem Pizzastand selbstständig – und verdien’ mir endlich eine goldene Nase!!!
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